Meine Grenzen kennen

Geschrieben am 6. April 2020 von johanna

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Seit drei Wochen sind wir aufgrund des Virus angehalten, Zuhause zu bleiben. Es ist eine intensive Zeit. Eltern haben meist keine Möglichkeit ihre Kinder für eine kurze Verschnaufpause in vertraute Hände zu geben. Hinzu kommen noch die beruflichen Aufgaben, die häufig im Heimbüro nebenbei erledigt werden müssen. Viele kommen an ihre Grenzen. Diese Aussage benutzen wir im Alltag um zu veranschaulichen, dass uns etwa eine Situation sehr herausfordert und uns beinahe zur Kapitulation bringt. Zusätzlich drücken wir damit aus, dass uns eine gewisse Situation oder Bedingung zu viel wird und wir uns nach einer Erleichterung sehnen.

Aber hast du schon einmal ganz bewusst nachgedacht wo deine Grenzen im Miteinander eigentlich liegen? In welchen Situationen merkst du, dass es dir zu viel wird? Was sind erste Anzeichen, dass du an eine Grenze kommst?

Folgende Worte habe ich für meine Tochter in ein Tagebuch geschrieben:„Ich sehe dich, ich höre dich, ich liebe dich - einfach weil du, du bist. Ohne Bedingungen. Gibt es Grenzen? Ja meine eigenen Grenzen. Die versuche ich immer besser kennen zu lernen und im Alltag nicht zu überschreiten. Das bedeutet, dass ich sie auch kommuniziere. Dabei respektiere ich deine Grenzen.“

Ich glaube aus tiefster Überzeugung: Jeder Mensch braucht gerade in seinen schwierigsten Momenten Liebe ohne Bedingung. Deshalb bin ich auch der Überzeugung, dass Kinder nach schwierigen Momenten von Gefühlsausbrüchen, trotzigem Verhalten ect. keine „Lektion“ erteilt bekommen sollten wie etwa eine „Auszeit“ alleine im Zimmer oder andere Formen von Bestrafungen. Eine solche Reaktion vermittelt die Botschaft: „Ich liebe dich nur dann, wenn du nicht das Verhalten x oder y zeigst.“ „Ich liebe dich, aber deine Emotionen nicht.“

Es gibt mehrere Gründe warum Eltern mit Bestrafung bzw. Belohnung im Alltag arbeiten: 1. Prägung aus der eigenen Kindheit 2. Sehen keinen anderen Ausweg. 3. Sind überzeugt, dass Kinder sich mit Absicht auflehnen. 4. Möchten anders handeln, aber sind vom alltäglichen Druck des Familienlebens überwältigt. Und ich füge hier hinzu, dass ich auch immer wieder einmal verleitet bin zumindest eine Belohnung einzusetzen. Aber ich möchte ganz bewusst darauf verzichten. Denn: Auf lange Sicht erzielen beide Methoden kein Verhalten, das in Liebe und Vertrauen gegründet ist.

Wo und vor allem wie soll dann eine Grenze gezogen werden? Verhalten kann nicht einfach uferlos zugelassen werden. Jesper Juul schildert in seinem Buch "Dein kompetentes Kind": Kinder wollen Grenzen nicht unbedingt austesten. Sie möchten vielmehr wissen, wer wir sind und wie wir ticken. Damit wir im Zusammenleben mit unseren Kindern daher nicht ständig unsere Grenzen überschreiten, ist es wichtig erstens seine ganz persönlichen Grenzen zu kennen und zweitens diese auch zu kommunizieren ohne dabei die Bedürfnisse des Kindes zu missachten.

Wenn ich also merke, dass ich im Miteinander an eine Grenze komme, verbalisiere ich sie mit einfachen Worten und biete gleich eine Lösung an: "Ich merke es wird mir zu viel. Du kannst mir beim Kochen helfen, aber ich möchte, dass du beim Tisch arbeitest und nicht an der Abwasch. Wenn das ganze Wasser am Boden landet, muss ich nachher alles aufwischen. Ein anderes Mal habe ich wieder mehr Zeit dich beim Planschen zu begleiten." Ich-Botschaften sind hier von großer Bedeutung! Nicht "du nervst mit deinem Verhalten", sondern "ich bin genervt und ich kenne mich gut genug, um die Situation zu retten".

Alfie Kohn (2019: 20) schreibt über 'Bedingungslose Elternliebe' es sei "kein schicker Begriff für die Vorstellung, man solle Kinder alles tun lassen, was sie wollen. Es ist sehr wichtig (sobald der Sturm vorüber ist), etwas zu lehren, gemeinsam nachzudenken". Dies hat zwei Vorteile: Erstens hat man sich selbst als Erwachsener beruhigt, durchgeatmet und reagiert nicht impulsiv, sondern überlegt. Zweitens kann das Kind viel besser lernen und etwas aufnehmen, wenn es weiß, dass die Liebe der Eltern zu ihm durch sein Verhalten ungeschmälert bleibt. Eine reine Macht- oder Autoritätsdemonstration mag kurzfristig erfolgreich sein, doch auf Sicht des gesamten Lebens zahlt es sich 100-fach aus, an sich selbst zu arbeiten und seine eigenen Grenzen in Ruhe zu kommunizieren.

Literatur:

Juul, Jesper (2019): Dein kompetentes Kind. Auf dem Weg zu einer neuen Wertgrundlage für die ganze Familie (16. Aufl.). Hamburg: Rowohlt

Kohn, Alfie (2019): Liebe und Eigenständigkeit. Die Kunst bedingungsloser Elternschaft, jenseits von Belohnung und Bestrafung (8. Aufl.). Freiburg: arbor

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